Suche
Suche Menü

Der Konzert-Marathon

Drei Gigs in vier Tagen.

Der erste im Bunde ereignete sich in einer Bar im touristischen Künstlerviertel Las Peñas in der Bar Diva Nicotina. Wir hatten uns diesen Gig verschafft, in dem wir zu einem der Miercoles de Jazz (Jazz-Mittwoch) kamen, an dem die Bar eine Band präsentiert, an dem aber auch eine Art Jamsession stattfindet. Am Ende dieses Events trauten sich Vincent (Gitarre) und meine Wenigkeit (Gesang), „All of me“ vom Stapel zu lassen. Dem Veranstalter hatte es wohl ganz gut gefallen, jedenfalls fragte er uns spontan, ob wir nicht die feste Opener-Band für den nächsten Mittwoch übernehmen wollten. Freies Essen, freie Getränke und 100 $ bat er uns und wir ließen uns nicht lumpen und schlugen zu.

Schon im Taxi auf der Nachhause Fahrt hatten wir erste Programmideen, die es in der kommenden Woche recht schnell einzustudieren galt, was sich recht stressig gestaltete, da wir ja, wie sich der aufmerksame Leser sicherlich gemerkt hat, übers Wochenende noch auf der Musikschulreise waren.

Sieben Tage später standen wir tatsächlich in jener kultigen Musik Bar auf der Bühne. Das Programm stellte dann mit Jazzstandarts wie „Autumn leaves“ oder „Stars fell on Alabama“, aber auch Reggea Hits wie „Stir it up“ (Bob Marley) oder Popnummern wie „Stayin‘ alive“ (Bee Gees), den wir aufgrund eines geplanten Swing-Teils ziemlich zersägten, ein buntes Potpourri dar, das auch ganz gut angekommen wäre, wenn Publikum da gewesen wäre. Das war nämlich das Enttäuschende an dem Ganzen, vor allem von den Clave de Sur-Leuten war außer Alberto niemand da, mit dem man am aller wenigsten gerechnet hätte…

Ansonsten war es aber eine tolle Erfahrung und überhaupt auch mein erster Auftritt als Band gegen Geld. Ich wechselte mich am Mikrofon mit Vincent ab, der auch auf seiner umgebauten Linkshänder-Gitarre spielte, und am Klavier mit Hannes, der auf den Bass auswich, wenn ich das Klavier belegte. Konstant blieben Lasse an seiner Trompete und Robin, der das Drumset bediente. Zu fünft hätten sich die 100 $ natürlich kinderleicht durch uns fünf Musiker teilen gelassen, allerdings konnte uns der patrón (Chef) aus der Bar nach dem schlecht besuchten Abend nur 80 $ zahlen. Er klagte uns noch sein Leid, dass der Kampf für die Kultur in Ecuador sehr hart sei, sodass wir ihm die Unzuverlässigkeit schon fast wieder verziehen. Naja, sei’s drum, wir hatten unseren Spaß.


Der zweite Streich war der Präsentation der Tanzgruppe von Clave de Sur, kombiniert mit der Aufführung des Theaterstücks „El libro de la selva“ (Dschungelbuch), mein Langzeitprojekt, das mit Chor, Band, Tanz und Schauspiel ein ganz schöner Berg an Arbeit gewesen war und jetzt zu Ende gehen sollte. Das Ganze fand extern in einem Museum im Zentrum statt. Wir reisten mit doppelter Hoffnung auf einen guten Saal und Zeit für eine Generalprobe – zuvor hatten wir nur im Auditorium der Musikschule geprobt – an und wurden doppelt enttäuscht:

Der Saal war mehr ein Foyer oder Empfangshalle als alles andere mit einem Mobile aus geköpften und zerstückelten Puppen über dem Zuschauerraum und wir konnten erst eine halbe Stunde vor Beginn der Vorführung beginnen, aufzubauen. An eine Generalprobe war also nicht zu denken. Dafür hatten wir genügend Zeit, die Schauspieler und Tänzerinnen zu schminken und zu verkleiden.

Endlich konnten wir beginnen, der Saal war voll, die Stimmung gut. Die Tänzerinnen, die mit ihrer Lehrerin Arianna, mit der ich seiner Zeit beim Weihnachtskonzert das Ballett Duett zum Besten gab, hatten auch ein eigenes Programm auf die Beine gestellt und umrahmten das Theaterstück mit verschiedenen Gruppen- und Einzeldarbietungen. Sie hatten sogar einheitliche Clave de Sur-Bodys und rosa Tütüs.

 

Schließlich folgte das Theaterstück, das letzten Endes, auch wenn man in Betracht zieht, dass es keine Generalprobe gab, richtig schön geworden ist. Am Ende umarmten sich alle und ich war einfach nur happy, das gemacht zu haben. Mit John, der mein ecuadorianischer Unterstützer für das Projekt war und sich vor allem um das Bühnenbild und die Kostüme gekümmert hat, fühlte ich mich zwischendrin oft etwas verloren, wenn mal wieder Leute für die Proben fehlten und man das Gefühl hatte, keiner hat Bock auf dieses Projekt. Diese negativen Vorgeschichten wurden mit dem Glücksrausch nach der Aufführung wie weggefegt.

Besonders hervorheben will ich:

  • Don Teo, der Darsteller der Hauptperson Mowgli, der von Beginn an mit Feuer dabei war und immer wieder eigene Ideen in die Regiearbeit einbrachte. Das kommt nicht von ungefähr, da er selbst professioneller Schauspieler ist, allerdings aufgrund der schlechten ökonomischen Lage für Künstler in Ecuador mehr tricimoto-Fahrer (Tuk-Tuk-Fahrer) als Schauspieler ist. Wäre eigentlich auch ein Kandidat für den Guasmo-Legenden-Blog gewesen. Er begrüßte mich zu nahezu jeder Probe mit den Worten: „Ahh, buenas tardes, Konstantín Stanislavski!“ (Nach dem berühmten naturalistischen Regisseur)
  • Außerdem Marcos, unser Koordinator, der mit seiner bulligen Statur wie geschaffen für die Rolle des Bär Balu gewesen ist. In seiner unnachahmlichen Art stempelte er die Elefantenohren, die wir eines Samstags in einer Bastelstunde mühevoll gefertigt hatten mit feo (hässlich) ab. Immerhin bastelte er daraufhin andere Ohren und auch die Masken der Hauptcharaktere und kümmerte sich darum, dass alles von einem befreundeten Sprayer besprüht wurde, der auch die märchenhafte Dschungellandschaft im Hintergrund designte. Marcos hat laut eigenen Aussagen schon so einiges mitgemacht, er war Koch in Esmeraldas (daher vermutlich sein Körperumfang), war schon im Knast und ist jetzt als Koordinator in Clave de Sur tätig. Ein richtiger Tausendsassa, was man ihm von den vielen Dingen, die er einem erzählt wirklich glauben soll, weiß man immer nicht so wirklich.
  • Dann würde ich gerne noch Allan hervorheben, der etwas unglücklich mit seiner Rolle als Erzähler wirkte. Er schien dadurch auch keine wirkliche Lust an dem Theaterprojekt zu haben und ich konnte ihm noch so oft con más entusiasmo (mit mehr Enthusiasmus) sagen… Am Tag der Aufführung tauchte er allerdings mit einem tollen Opi-Kostüm auf und blühte in seiner Rolle, die er dann auch improvisatorisch ausweitete, voll auf. Allan hat in diesem Frühjahr seine graduación (Abschluss) in der Schule absolviert und jobbt jetzt bis er anfängt zu studieren als Zeitungsausträger für den Universo.
  • Last but not least soll der Coronel de los elefantes hier aufgeführt werden, der von Badman gespielt wurde. Mit der vollen Elefantenmontur hat er die Rolle gut über die Bühne gebracht und war immer gut vorbereitet bei jeder Probe.

Hier findet ihr ein Video von der Theateraufführung.


Der dritte Streich war das Abschlusskonzert des Prozesses, das im selben Museum abgehalten wurde. Hier präsentierten sich zu Beginn und Ende des Konzerts alle Lehrer, also auch wir mit „Fatalidad“ von Julio Jaramillo und „Uptown Funk“ von Bruno Mars, das in der ecuadorianischen Aussprache eher nach What the fuck klang. Zwischendrin präsentierten sich unsere Schüler in Gruppen, eine gute Idee unserer Koordination, die dazu führte, dass das Konzert rascher und interessanter von der Bühne ging. Auch die Geigengruppe Los Violines del Sur präsentierte sich und die Percussion-Gruppe Tromborangeros (der Name entstand in Anlehnung an die Band Tromborango), die ordentlich Schwung in den Laden brachten.

Das Konzert lief gut, auch meine beiden Gruppen, ein Klavierduo und eine Gesangseinlage mit Klavierbegleitung, waren erstaunlich souverän. Die Abschlusskonzerte schweißen die Truppe auch immer gut zusammen und zeigen, was für ein gutes Team Clave de Sur ist.


Dies ist ein Eintrag aus dem Blog ‚Ecuador – mi amor!‚ von Constantin Siebert.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.