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Generalstreik in Ecuador

Derzeit wird Ecuador von einer Protestwelle überrollt, die sich hauptsächlich gegen die neoliberale Politik des ecuadorianischen Präsidenten Daniel Noboa richtet. Dieser reagiert mit fragwürdigen Mitteln, schränkt zivilgesellschaftliche Initiativen zunehmend ein und gefährdet die Wahrung der Menschenrechte.

Bereits Anfang August riefen insbesondere feministische Gruppen, Umweltorganisationen, indigene Gemeinschaften und Künstler*innen zum Protest auf. Auslöser war Noboas Erlass zum Umbau des Staatsapparats, in dessen Folge fünftausend staatliche Angestellte entlassen und die Anzahl der Ministerien von zwanzig auf vierzehn reduziert wurde. Gestrichen wurde u.a. das Umweltministerium, das Kulturministerium und das Ministerium für Frauen- und Menschenrechte.

Viele soziale Organisationen beschuldigen Noboa – wie seine Vorgänger – Politik für den Internationalen Währungsfonds zu machen. Noboa sicherte sich im letzten Jahr einen Kredit von 5 Milliarden US-Dollar beim IWF, muss dafür aber strenge Auflagen für Einsparungen befolgen. Dies hat neben Entlassungen auch zu starken Kürzungen im öffentlichen Bildungs- und Gesundheitssystem geführt. Der schlechte Zustand des Gesundheitssystems hat immer wieder vermeidbare Todesfälle zur Folge. So sind im Juli und August zwölf Neugeborene in Guayaquil auch auf Grund der prekären Versorgungslage gestorben. Während einige sparen müssen, werden andere von Steuern entlastet. So hatte eine Reform im Juni dazu geführt, dass Unternehmen Zinsen- und Strafzahlungen für ausstehende Steuerbeträge nicht mehr begleichen müssen. Eine Maßnahme von der die Bananera Noboa mit über 94 Millionen Dollar Steuerschulden, profitierte. Offiziellen Angaben zufolge hatte das Unternehmen alle Schulden Anfang Oktober beglichen.

Der internationale Währungsfonds könnte auch Auslöser für Noboas neuste Reform sein: Die Streichung der Subventionen auf den Kraftstoff Diesel. Bereits im Jahr 2019 und 2022 hatten Noboas Vorgänger sich daran versucht diese Subvention zu eliminieren. Folge war ein Generalstreik, der das Land 2022 über zwei Wochen vollkommen paralysierte, wobei mindestens sechs Menschen bei den Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften ums Leben kamen. Schließlich war der damalige Präsident Guillermo Lasso gezwungen, die Maßnahme zurückzuziehen. Nun hat Daniel Noboa einen dritten Versuch zur Deregulierung der Diesel-Preise gestartet.

Grund für die Kontroverse sind die weitreichenden Folgen, die die Subventionen haben. Durch deren Streichung steigen Transportkosten und damit Lebensmittelkosten. Die Folge: Die Lebenshaltungskosten schießen insgesamt in die Höhe. Das belastet Bevölkerungsgruppen, die sowieso bereits am Existenzminimum stehen.

Als Reaktion auf das Dekret 126, das die Subventionen streicht, verkündete die indigene Dachorganisation CONAIE am 18. September in einen unbefristeten Generalstreik zu treten. Gewerkschaften, Studierendengruppen, soziale Bewegungen und Künstler*innen schlossen sich an. Insbesondere in der Andenregion finden intensive Proteste statt. Während indigene Organisationen die Beschränkung kommunaler Medien, das Einfrieren von Bankkonten und willkürliche Festnahmen anzeigen, mobilisiert Daniel Noboa Sicherheitskräfte und Militär gegen die Demonstrant*innen. Die UNO und Amnesty International rufen die ecuadorianische Regierung dazu auf die Menschenrechte zu wahren. In den vergangenen Tagen kam es zu zahlreichen Festnahmen und Verletzten. Auch sogenannte „Verschwindungen“ werden aus den Reihen der Streikenden angezeigt. Insbesondere der Fall von zwölf festgenommenen Männern in Otavalo, von denen zehn zu einer indigenen Minderheit gehören, hat für Empörung gesorgt. Noboa bezeichnet die Demonstrant*innen als Terrorist*innen und droht mit bis zu 30 Jahren Haft. Die zwölf Männer wurden in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht. Anwaltlicher Beistand ist nur beschränkt möglich. Am 28. September mündete die Gewalt in den Tod des Demonstranten und Kichwa-Gemeindemitglieds Efraín Luis Fuerez durch vom Militär abgegebene Schüsse.

Die Streikenden fordern u.a. die Aufhebung des Dekrets 126, die Senkung der Mehrwertsteuer, die Freilassung der inhaftierten Demonstrant*innen, die Achtung des Versammlungsrechts und eine Beendigung extraktivistischer Bergbau- und Erdölprojekte.

Währenddessen hat der Präsident den Weg für eine neue Volksabstimmung im November freigemacht. Dann soll u.a. über ausländische Militärbasen auf ecuadorianischem Staatsgebiet und über die Etablierung einer verfassungsgebenden Versammlung entschieden werden. Ecuador verfügt über eine der progressivsten Verfassungen der Welt, die u.a. die Rechte der Natur, den Schutz von indigenen Minderheiten und Mechanismen der direkten Demokratie verankert. Diese Verfassung möchte der Präsident nun ändern.

Es besteht die Befürchtung, dass Daniel Noboa auch in Zukunft zivilgesellschaftliche Organisationen weiter einschränken könnte. Die starke Militarisierung im Land, das Zunehmen von sognannten „Verschwindungen“, die Kontrolle von Geldeingängen bei NGOs, die teilweise Aushebelung von Bürger*innenrechten und die Diskreditierung des obersten Gerichtshofs zeigen einen autoritären Regierungsstil. Egal wie lange der Generalstreik andauert, die Wahrung der Menschenrechte muss gewährleistet bleiben!

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