Das Projekt Clave de Sur im Guasmo ist bereits sehr weit fortgeschritten. Seit über zehn Jahren läuft das hier schon. Geregelter, voller Stundenplan, Einschreibungen und Freitag und Samstag war eben die Evaluation (evaluacíon). Diese sollte als Basis für die Vergabe von Stipendien (becas) dienen.
Es kostet hier nämlich tatsächlich ein wenig Geld, wenn man in Clave de Sur Unterricht bekommen möchte. Pro Prozess mit einer Länge von ungefähr zwei Monaten muss man einen kleinen Betrag bezahlen. Das hat den Grund, dass es mehr als genug Leute gibt, die Unterricht bekommen möchten und die Coordinación auch eine kleine Aufwandsentschädigung braucht. Doch mit einem Stipendium kann man diesem Betrag aus dem Weg gehen. Wer so ein Stipendium bekommt, entscheiden Coordinación und die Freiwilligen mithilfe einer Evaluation.
Ablauf der Evaluation
Also erstmal fängt das damit an, dass wir (mal wieder) mit rein gar nichts pünktlich angefangen haben. Die Prüfer waren so zwanzig Minuten zu spät alle da, also eigentlich ja pünktlich nach den Ecuadorianern. Aber es gab keinen Prüfling. Irgendwann kam dann doch mal einer und die Zuspätkommer haben wir später nachgeholt. Also letztendlich alles, wie immer, ein wenig chaotisch.
Die Evaluation besteht aus den Prüfungen und einer Nachbesprechung zu den jeweiligen Schülern. Der Schüler kommt in den Raum mit uns fünf Freiwilligen und zwei Koordinatoren, alles ist still und dann soll der Schüler vorspielen, was er so gelernt hat. Also eine richtige Prüfungssituation, wo man die Schüler so richtig quälen kann. Anschließend bekommt der Schüler noch ein paar Fragen zur Musiktheorie gestellt und darf dann wieder gehen.

Ich prüfe meine Schülerin
Sehr professionell haben wir uns direkt im Anschluss zu jeder Prüfung darüber unterhalten, was den Schüler für ein Stipendium qualifiziert und was nicht. Bewertet wurden die Punkte práctica (Praxis), teoría(Theorie), integración (Integration und Einbringung in Clave de Sur) und asistencia (Anwesenheit und Ehrgeiz). Also auch wenn der Schüler noch so gut ist in der Musik, aber an der Musikschule nur zum Unterricht erscheint und in keinen Ensembles spielt, oder öfter unentschuldigt fehlt, ist ein Stipendium nicht zu vergeben.
Die Bewertung
Práctica, teoría und integración wurden jeweils mit Punkten von null bis zehn bewertet und asistencia mit bis zu 20 Punkten. Insgesamt gab es folglich 50 Punkte. Ab 33 Punkten gibt es ein Halbstipendium und ab 40 ein Vollstipendium. 17 Schüler haben mitgemacht und die allermeisten auch ein Stipendium erhalten, wenn auch nur wenige das Vollstipendium.

Prüfungsabnhame eines Trompetenschülers
Auch wenn sich das alles etwas in die Länge gezogen hat – eigentlich tut es das ja immer – fand ich es interessant so etwas mal zu machen. Als Prüfer so dazustehen, die Situation hatte ich auch noch nicht. Wenn man gerne Leuten zuschaut, wie sie komplett nervös vor einem stehen, ist das eine super Sache.
In drei Wochen ist dann schon das Abschlusskonzert des Prozesses. Ich bin sehr gespannt, wie das wird. Ob den Schülern vor Nervosität auch hier die Beine schlackern werden? Was denkt ihr?
Gibt es neben dem Konzert und der Evaluation noch etwas, dass ihr für wichtig empfindet und eigentlich einmal pro Prozess stattfinden sollte?
Dies ist ein Eintrag aus dem Reisetagebuch von Simon Kreuzer. Weitere Einträge finden sie hier.